Ruedi Thomi
Transianer Silas ist vom Tessin nach Luzern gelaufen – in nur sechs Tagen. Mit dabei: möglichst wenig. Lightweight-Wandern ist seine Leidenschaft. Hier erzählt er, was er auf der Tour erlebt hat, und gibt Tipps, wie du Gewicht beim Weitwandern sparst.
Mein nächstes Abenteuer steht kurz bevor: Es ist Spätsommer 2023. In den nächsten Tagen werde ich vom Lago di Robièi im Tessin in weniger als einer Woche 170 Kilometer bis nach Luzern an den Vierwaldstättersee wandern. Über Nacht werde ich biwakieren, und gerade weil rund 6’000 Höhenmeter Aufstieg und 7’500 Höhenmeter Abstieg auf mich warten, liegt mein Fokus auf möglichst leichtem Gepäck. Ich habe das «Lightweight»-Wandern seit einigen Jahren für mich entdeckt. Das Laufen mit leichter Ausrüstung ist nicht nur gelenkschonender, sondern auch komfortabler. Ich liebe das Gefühl, den Rucksack kaum zu spüren.
Eine sorgfältige Planung ist beim Gewichtsparen essenziell. Ich frage mich: Was brauche ich unterwegs wirklich? Dabei spielt auch das Wetter eine grosse Rolle. Mein Ziel ist es, wirklich nur das Nötigste mitzunehmen. Nur bei der Sicherheitsausrüstung mache ich nie Kompromisse. Beim Packen reduziere ich dann das Gewicht durch sehr leichte Gegenstände. Mein Schlafsack wiegt gerade mal 677 Gramm. Meine Ausrüstung habe ich über die Jahre fortlaufend optimiert, zum Beispiel mit Zwei-in-eins-Gegenständen: Meine Wanderstöcke sind meine Tarpstangen und meinen Teller kann ich auch als Kochtopf nutzen.
Die erste Etappe steht an und kurz nach dem Lago di Robièi verschwindet die Seilbahn aus dem Blickfeld und ich bin komplett allein unterwegs. Das macht mir nichts aus und ich geniesse die alpine Natur. Gegen Ende der Etappe halte ich Ausschau nach dem passenden Nachtlager. Beim Leichtgewicht-Wandern sind die sogenannten «Big Four» unverzichtbar: Das sind neben dem Rucksack auch eine Isomatte, ein Schlafsack und ein Dach über dem Kopf. Statt einem Zelt habe ich mich für ein sehr leichtes Tarp entschieden. Beim Schlafsack fällt Daune buchstäblich am wenigsten ins Gewicht. Zusätzlich führe ich noch eine isolierende, faltbare Matte sowie einen Biwaksack mit. Dieser schenkt mir in der Nacht noch ein paar Grad Wärme extra. Noch bevor die Sonne untergeht, baue ich an einem kleinen See zwischen Felsbrocken mein «Bett» auf. Nach dieser ersten, strengen Etappe schlafe ich wie ein Baby.
Am nächsten Tag führt mich der Weg wieder ins Tal hinunter Richtung Bedretto und somit unter die Baumgrenze. Im Vorfeld habe ich deshalb bei der Gemeinde nachgefragt, ob ich biwakieren darf. Mein heutiger Schlafplatz liegt wieder am Wasser und ich geniesse ein kühles Bad im kleinen Fluss. Die dritte Etappe ist etwas kürzer und der Pfad führt durch ein schönes Waldstück. Einige Lärchen tragen schon ihr orange leuchtendes Herbstkleid. An der Hütte Capanna Piansecco gönne ich mir ein kühles Getränk, ehe ich mich wieder von den Tagesgästen zurückziehe. Ich starte meine abendliche Routine: Tarp spannen, Isomatte aufblasen, Biwaksack ausrollen und natürlich kochen. Etwas Jazzmusik darf dabei nicht fehlen, dazu ein kleines Tänzchen, bevor ich in den Schlafsack krieche. Von weit weg höre ich, wie sich Geröll löst und den Berg runterrollt. Eine Erinnerung daran, bei der Wahl des Biwakplatzes gut auf die Umgebung zu achten.
Hier geht es zum Blog mit der Packliste von Silas und noch mehr Tipps zum Thema Lightweight-Wandern.
Hier findest du die geplante Fernwanderroute von Silas auf Komoot.
Startpunkt: Lago di Robièi
Endpunkt: Bahnhof Luzern
Distanz: 167 Kilometer
Mein Tarp richte ich jeweils nach Osten aus, so werde ich automatisch von der Sonne im Gesicht geweckt. Am vierten Tag stehen die letzten anstrengenden Höhenmeter an. Mein heutiges Ziel ist der Lago di Lucendro. Vom Hochgebirge führt mich der Weg durch ein windiges Tal. Es ist landschaftlich mein Lieblingsabschnitt der Tour und hier treffe ich mehr Tiere als Menschen an.
Am nächsten Morgen bin ich etwas traurig, weil ich der Zivilisation immer näherkomme. Von der alpinen Idylle lande ich im lebhaften Andermatt und entscheide mich kurzerhand, den Zug bis nach Brunnen zu nehmen. Der geplante Wegabschnitt ist unattraktiv auf Asphalt und führt an vielen Häusern vorbei. In Brunnen mache ich mich auf zu meinem letzten Übernachtungsort und finde eine Gelegenheit in einem Waldstück.
Die letzte Etappe führt mich nach Luzern. Die vielen Reize überfluten mich. Das Ankommen fällt mir schwer. Allein draussen in der Natur habe ich meine Sinne geschärft, sensibles Gehör für jedes noch so kleine Geräusch entwickelt – hier höre ich Baulärm, Verkehr, schwatzende Menschen. Ich merke: Am liebsten bin ich dort, wo sich Steinbock und Murmeltier gute Nacht sagen. Mitten in der Natur und an der frischen Luft fühle ich mich am wohlsten. Die Tour ist gerade erst vorbei, aber für mich steht fest: Ich werde möglichst bald das nächste Abenteuer planen ...
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